9. Kinder- und Jugendtraining
Die Grundlagenausdauer (aerobe Ausdauer) ist in allen Alterstufen trainierbar. Die sensitive Phase (= Phase erhöhter Trainierbarkeit) fällt in die Pubeszenz (ca. 12-14 Jahre).
Die anaeroben Ausdauerfähigkeiten nehmen in der Pubeszenz zu, werden aber lohnend erst in der Adoleszenz (ca. 14-18 Jahre) trainierbar.
Biologische Voraussetzungen zur anaeroben Ausdauerleistungsfähigkeit
Die anaerobe Kapazität des Kindes baut auf wesentlich ungünstigeren Voraussetzungen auf als die aerobe Kapazität, was im Einzelnen auf folgende Tatsachen zurückzuführen ist:
Der Phosphatvorrat in der Muskelzelle (= alaktazide anaerobe Kapazität) ist geringer als bei Erwachsenen. Dies bedeutet im Vergleich zu Erwachsenen einen früheren Rückgriff auf die glykolytische (laktazide) Energieproduktion.
Die anaerobe Glykolyse, d. h. die Fähigkeit zu hoher Laktatproduktion, ist wegen der geringen Aktivität (Menge) ihres Schlüsselenzyms (PFK) beeinträchtigt. Erst in der Pubertät kommt es zu einem Anstieg. Es kann somit nicht ohne Weiteres viel Laktat gebildet werden (4 bis 6-Jährige: 3-6 mmol, 6 bis 9-Jährige: 4-8 mmol, 15-Jährige: 6-14 mmol).
Für eine gleich große Laktatmenge ist gegenüber den Erwachsenen eine wesentlich höhere Katecholaminausschüttung notwendig (10-fach erhöhter Adrenalin- und Noradrenalinspiegel).
Dieser hohe Stresshormonanstieg führt an die Grenze psychophysischer Belastbarkeit.
Die Laktateliminierung ist gegenüber Erwachsenen verzögert, was sich als eingeschränkte Erholungsfähigkeit äußert.
Nach KLIMT et al. (1973) waren z. B. bei 8 bis 9-Jährigen erst eine Stunde nach Ende eines 800-m-Laufs die Laktatwerte wieder auf dem Ausgangsniveau.
Die laktazide Kapazität ist durch mehrjähriges Training auch bei Kindern zu steigern - allerdings wie im Erwachsenenbereich über sportartspezifische Ausbelastungen. Bei 9-Jährigen können dann Laktatwerte von 13 mmol/l im 50-m-Schwimmen und 16 mmol/l im 200-m-Lauf produziert werden. Derartige Werte sind mit Spitzenwerten von Erwachsenen (über 20mmol/l) vergleichbar.
Trotz dieser Möglichkeiten sind solche anaerob-laktaziden Belastungen aus den vorher angeführten Gründen nicht kindgemäß.
Cooper-Test
Aus den oben genannten Zusammenhängen ergibt sich auch die Belastungszeit für den Coopertest, mit dem oft im Schulrahmen die aerobe Ausdauerfähigkeit der SchülerInnen getestet werden soll. Da mit zunehmender Laufdauer der Anteil der anaeroben Energiebereitstellung sinkt und man diesen Anteil gering halten will, wählt man eine Belastungszeit von 12 Minuten. Aufgrund von statistisch erhobenen Mittelwerten kann man dann recht gute Rückschlüsse auf die Ausdauerleistungsfähigkeit ziehen.
So bedeutet z.B. für einen 16-Jährigen eine in 12 Min. zurückgelegte Strecke von 3050 m ein ausgezeichnetes Ergebnis, 1450 m wären mangelhaft. Bei Mädchen zieht man jeweils 200 m ab. Weitere Werte vgl. Zintl 1997, 212.